Andere Länder, andere Fritten

Veröffentlicht auf von Lea

Aperitif an einem Geburtstag

Aperitif an einem Geburtstag

Küche und Esskultur in Chile

Jeder, der mich kennt, weiß, dass dieses Thema nicht gerade unwichtig für mich ist. (Ich kann mir genau vorstellen, wie manche jetzt doof grinsen!) Oder wie meine Mutter nach einem Besuch beim Mexikaner (das Essen war super lecker und mir ging vor Freude das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht) sagte: "Du bist psychisch abhängig von Essen!" Glücklich nach gutem Essen und hungrig besser nicht ansprechbar. Na ja, so schlimm auch wieder nicht. Dazu habe ich entschieden, dass ich niemals richtig dick werden darf oder dann damit zurechtkommen muss, denn ich glaube, ich wäre dauer-schlecht-gelaunt, wenn ich ernsthaft abnehmen wollte. Eben besser nicht ansprechbar.

Ich habe zuerst eine Familie erwischt, in der alle nicht viel essen, sodass man sich erst daran gewöhnen musste, dass wegen mir etwas mehr gekocht wird. Ja, ich esse sehr gerne und auch gerne viel, aber normalerweise esse ich durchschnittlich viel, maximal ein bisschen mehr. Die Kinder sind einfach noch kleiner und essen keine Unmengen (nicht so wie ich als Kind), und Mutter hat Arthritis und isst deshalb viel Salat und Gemüse, da sie sonst Probleme bekommt.
Das Hausmädchen dort hat wirklich sehr gut gekocht, zwar sehr fettfrei (nein, nicht fettreduziert, quasi fettfrei), aber - was ich von zu Hause nicht gewöhnt bin - zwei Mal am Tag.
Außerdem scheint es wohl auch der Charakter der Stadt zu sein - leichtes Essen, nicht so viel, nicht dick werden, vollzeit gestresst sein und dabei immer gut aussehen. Jedenfalls gibt es sehr viele Karrieremenschen, denn Santiago ist Chile, in dem Sinne, dass es DAS Zentrum des Landes ist und man in Santiago studieren und arbeiten muss, um erfolgreich zu sein. Auch wenn das natürlich nicht für alle gilt. Aber genug zur Stadt.
Generell finde ich es super, dass es hier fast das ganze Jahr lang viel Obst gibt, oder zumindest länger als bei uns. Gerade im chilenischen Frühling gab es alles und ich bin ein absoluter Erdbeer- und Ananasfan! Auf den Märkten war ich noch nicht, aber es muss eine Flut an Obst sein! Und ich hätte, ehrlich gesagt, nicht gedacht, dass es doch noch so viele Dinge an Obst/Gemüse/Sonstigem gibt, die ich bisher nicht kannte.

Die Frage ist, wo fange ich an, wo höre ich auf? Wodurch zeichnet sich das Essen hier aus, was ist typisch, was sind Spezialitäten? Wann, wie und was isst man? Zu Schreiben gibt es sicher genug, aber eine Auflistung aller Gerichte ist nun mal nicht alles, wenn es um Esskultur geht. Darum nun zuerst zu den Essgewohnheiten.

Chilenische Essgewohnheiten:
In Chile hängt wie so vieles auch das Essen stark vom Einkommen ab. Arme Menschen beschränken sich wohl auf Brot (Weißbrot) mit Margarine und als warme Mahlzeit Kartoffeln. Das ist zumindest, was mir gesagt wurde. Außerdem fallen diese Leute auch aus dem Raster, weil sie sehr viel arbeiten.
Bei nicht arbeitenden Menschen, oder jenen, die Mittags zuhause sind, sieht es wohl so aus:
Zum Frühstück Kaffee, Tee oder Milch (Kakao/Vanillemilch), dazu Weißbrot mit (gesalzener) Butter, Avocado, Früchte, Marmelade und je nach Einkommen Schinken, Käse oder Manjar(Erklärung siehe unten). Oft wird auch Joghurt mit Müsli gegessen, oder andere Dinge. Denn vor allem Schinken, Käse und (gekaufte) Marmelade sind hier sehr teuer, teilweise teurer als in Deutschland. Und der Durchschnitt verdient weniger. Marmelade wird deshalb viel selbst gemacht, denn Obst auf den Märkten ist nicht so teuer.
In einer wohl verdienenden Familie ist das Frühstück also gar nicht so unterschiedlich zu Deutschland.

Das Mittagessen ist die wichtigste Mahlzeit in Chile. Wenn möglich isst die ganze Familie zusammen, denn die Familie hat einen hohen Stellenwert in Chile.
Es gibt meist viel grünen Salat, Tomate, Avocado, Gurke und mehr. Man isst viel Fleisch und an der Küste natürlich viel Fisch. Dazu Beilagen aus Mais, Nudeln, Reis, ect. Oder es gibt eben ein typisch chilenisches Gericht, aber dazu später mehr.
Nach dem Essen trinkt man oft noch ein "aguita" - ein (heißes) Wasser oder Wässerchen, wie die korrekte Übersetzung lautet. Das bedeutet Kaffee (instant), Tee, Mate-Tee oder Cedrón, getrocknete Blätter eines Zitronenstrauches, die man mit heißem Wasser aufgießt.
Dass es auch in der Erziehung Unterschiede gibt, hätte ich mir ja denken können. Ich würde mal behaupten, das läuft in den meisten Punkten entspannter als in Deutschland:
So habe ich auch Kinder erlebt, die mit 9 Jahren noch fröhlich mit den Fingern im Essen rummatschen und mit einer Gabel und den Fingern gut zurecht kommen. Macht doch nichts, wenn die Hälfte des Essens sich danach auf Kleidung, Tisch und Boden befindet, oder? Schließlich gibts ja jemanden zum putzen und waschen.
Daraus folgt dann, dass auch manche Menschen in meinem Alter noch nicht gut mit Messer und Gabel umzugehen wissen. Da werden eben andere Schwerpunkte gesetzt. Jetzt bin ich zum Beispiel in einer Familie, in der Tischmanieren sehr wichtig sind und hier weiß auch der 11-Jährige ganz genau, wie er mit Besteck und Serviette umgehen soll und wie er zu sitzen hat. So eine strenge Regelung ist aber eher die Ausnahme, nach dem, was ich so erlebt habe.

Abends gibt es dann zwei Möglichkeiten: "Comida" oder "Once"/"Té".
"Comida" heißt einfach "Essen". Abends "Comida" zu essen bedeutet, dass Abends genauso groß gegessen wird wie Mittags. Normalerweise "nimmt" man aber "Té" oder "Once", eigentlich nur eine Kleinigkeit. Jedoch rechtfertigt der Begriff eigentlich alles, worauf man gerade Lust hat und bedeutet daher auch meist nicht bloß eine Kleinigkeit. Brot, Salat, Joghurt oder was man halt so findet. Das können auch mal Reste vom Mittag sein, Kekse oder andere süße Sachen.

Abends wird manchmal ein "Picoteo" veranstaltet, Knabbersachen, zum Beispiel, wenn Besuch da ist. Dann gibt es Dinge wie Cracker, Salami, Guacamole, Käse, (Wachtel-)Eier, kleine Würstchen, Nüsse, Chips und Saucen. Natürlich ist auch das wieder familienspezifisch.

Generell über die chilenische Küche:
Punkt 1: Man isst in Chile viel Mais (weil es wohl einer der ersten Dinge war, die hier während der Kolonialzeit angebaut wurden und gut wuchsen). Ich mag Mais eigentlich nicht sehr gerne, aber er schmeckt nicht so intensiv wie in Deutschland, deshalb stört er mich nicht. Viele typisch chilenischen Gerichte beinhalten Mais.

Punkt 2: Man isst noch viel mehr Brot als Mais
An Brot gibt es im Grunde nur Weißbrot und "Schwarzbrot" - Körnertoast.
Es gibt verschiedene Formen von Brot, Pan Hallullah zum Beispiel ist rund und relativ fest. Pan Pita ist rund und sehr dünn und lässt sich gut füllen, weil es quasi hohl ist. Deshalb "pustet" es sich beim Toasten auch immer auf. Es gibt auch noch Pan Marraqueta, sehr weiches Weißbrot und Pan amasado, dass mich sehr stark an deutsche Brötchen erinnert. Leider ist es nicht so schön knusprig.
Brot wird grundsätzlich getoastet, sonst könnte man es nach dem ersten Tag wahrscheinlich nicht mehr essen. Also natürlich kann man, aber so richtig matschig schmeckt's nicht halb so gut. Ich hätte ja nicht gedacht, dass ich das sage, aber ab und zu fehlt mir ja schon so ein richtig deutsches  Körnerbrot! Denn das Körner- oder Vollkorntoast ist eben auch nicht so das wahre, wenn man die deutsche Brotkultur gewöhnt ist.

Punkt 3: Die Chilenen mögen es süß!
Wenn etwas Zucker hat, dann so richtig! Es gibt Unmengen an pottsüßen Gebäckteilchen, Torten, usw. Kakao, Vanillemilch, Joghurt, Müsli, alles ist ziemlich süß. Schlimm finde ich das vor allem bei Fruchtsäften. (Schmeckt nämlich gar nicht!) Ach ja, und Zucker macht dick, also nimmt man lieber Süßstoff.
Punkt 3.1: Es gibt kaum einen Chilenen, der kein Manjar mag.
Manjar, dieses schrecklich süße Zeug, womit man eh schon süße Sachen noch süßer macht.
Es besteht im Wesentlichen aus Milch und jeder Menge Zucker. Eine zähe, glänzende, (nunja karamellfarbene) Karamellcreme. Als Brotaufstrich, auf Torten, auf Pfannkuchen, auf süßem Gebäck - wie man's mag. Im Kindergarten gibt es zu Geburtstagen übrigens eine "Torte" - mit Manjar gefüllte... ja was denn nun? Stangen, keine Waffeln, irgendwie weich und..puffig? Schwer zu erklären, den Namen habe ich leider vergessen.
Auf Torten - ok. Als Brotaufstrich ist es mir aber definitiv zu süß!
Was übrigens der Gipfel des Süßen oder besser gesagt fast schon ein Zuckerschock war, war eine Meringue/Baiser-Marmelade-Manjar-Torte anlässlich eines Geburtstages. Eine Schicht Meringue, eine Schicht sehr süße Marmelade, eine Schicht Manjar, eine Schicht Zucker mit Eiweiß, eine Schicht Zucker mit Frucht, eine Schicht Zucker mit Milch, Zucker, Zucker, Zucker, ihr merkt schon... 90% Zucker oder so. Das war dann doch ein bisschen zu viel für mich, ich habe es einfach nicht runterbekommen (Kein Scherz). Zwei Tonnen weniger Zucker oder ein bisschen Mehl und ein richtiger Kuchen hätten es (meiner Meinung nach) auch getan. Aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden und den Kiddies hats schließlich geschmeckt.
Ich sag mal: "Andere Länder, andere Fritten"
Apropos Fritten - Pommes sind standardmäßig ungesalzen in Chile, weiß der Geier, warum.

Punkt 4: Der typische Chilene verfeinert fast alles mit Ají.
Ajì, das ist bloß ein anderes Wort für Chili und seeeehr beliebt in Chile. In vielen Salaten und Vorspeisen zum Beispiel in Restaurants findet man Ajì, in einem vernünftigen chilenischen Haushalt befindet sich aber für Notfälle auch immer eine Flasche flüssigen Ajìs (scharfe Ketchupvariante mit Ají) im Kühlschrank. Falls es mal keine frischen Schoten gibt. Zur Grundausstattung eines Kühlschrankes gehört übrigens auch immer eine Flasche Ketchup und eine Tüte/ein Beutel (!) Mayonnaise.
Also es gibt tatsächlich einige, die keine Mahlzeit ohne Ají zu sich nehmen. Eins der typischen Klischees im südamerikanischen Ausland neben "Chilenen sprechen das schlechteste Spanisch" ist eben "Ein Chilene isst prinzipiell alles mit Ají".
Dabei ist die Schärfe sicherlich nicht mit Mexiko zu vergleichen.

Generell hat die chilenische Küche viele Einflüsse erhalten - durch die spanische und französiche Küche - sagt zumindest Wikipedia. Das kann ich nicht so wirklich nachvollziehen, mir fallen nämlich absolut keine konkreten Ähnlichkeiten auf (, allerdings auch keine schwerwiegenden Unterschiede).
Sie zu beschreiben fällt mir auch nach fast einem halben Jahr irgendwie schwer.
Man ist viel Salat, Gemüse und Obst, Brot, Fleisch, Fisch. Vielleicht trifft es "deftig". Andererseits wird vor allem in Santiago sehr leicht (und wenig) gegessen. Frisches Gemüse ist aber bei jedem Essen (nicht Té) dabei. Am besten beschreiben kann man es wahrscheinlich, in dem man die landestypischen Gerichte vorstellt. Und natürlich ist auch in Chile das Essen international geprägt. So gibt es hier natürlich auch Gerichte wie Spaghetti-Bolognese oder Pfannkuchen.

Ein Beitrag über die speziellen Gerichte und Lebensmittel folgt!
Bis hier hin erst einmal und ich hoffe, ihr habt einen kleinen Einblick in die chilenische Esskultur erhalten!
Liebe Grüße, Lea

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